Handbücher

Darstellungen zur deutschsprachig-jüdischen Literatur seit der Aufklärung

HB 1: Tradition und Glaube

Um die literarischen Ausdrücke von Tradition und Glauben in der deutschsprachigen jüdischen Literatur nachzuvollziehen, ist es wichtig zu verstehen, dass die jüdische Aufklärung (Haskala) und die darauf folgende Epoche der Wissenschaft des Judentums keine Absage an das Religiöse, sondern eine Modifikation desselben anstrebten. Das erkennbare Streben nach einer Emanzipation im Sinne einer auch weltanschaulich verstandenen bürgerlichen Integration konfligierte in der Folge weniger mit orthodox-konservativen literarischen Ansätzen als eher mit solchen, die, im Sinne der jüdischen Renaissance, nach orientalischen, nationalen oder auch archaisch, teilweise auch esoterisch verortbaren jüdischen Zuordnungen strebten. Nicht selten wurde dabei auch das Buch selbst zum Identitäts- und Glaubensobjekt überhöht. Die Ausgrenzung der jüdischen Gemeinschaft in den ersten Jahren des Dritten Reiches förderte einen Rückzug auf das religiöse Judentum als Referenzmoment des Selbstbewusstseins und der Differenz. Die durch den Holocaust hervorgerufene schwerwiegende Krise eines Glaubensbezugs zum Judentum hat demgegenüber neue, eher zaghafte und teilweise von innerer Abwehr geprägte Formen der Auseinandersetzung mit Tradition und Glauben gefördert.

Projektmitglieder

  • Alfred Bodenheimer

  • Rahel Stennes