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ADLER, JESSA: JUDENFRAGE – FRAUENFRAGE
Es mag auf den ersten Blick befremden, diese zwei Fragen nebeneinander gestellt zu sehen: doch scheinen sie mir mehr als ein Gemeinsames zu haben. Zu mindest handelt es sich in beiden Fällen um einen Kampf, einen Kampf mit ungleichen Waffen gegen einen stärkeren, mächtigeren Feind. […]
AICHINGER, ILSE: DAS VIERTE TOR
Es mag auf den ersten Blick befremden, diese zwei Fragen nebeneinander gestellt zu sehen: doch scheinen sie mir mehr als ein Gemeinsames zu haben. Zu mindest handelt es sich in beiden Fällen um einen Kampf, einen Kampf mit ungleichen Waffen gegen einen stärkeren, mächtigeren Feind. […]
ANONYM: SCHIE LEB. EINE FEDERZEICHNUNG
Es gab mehrere stolze Leute in der Gasse, in der ich Lehrer war. Stolz war Awrom Geier auf seinen großen Schnurbart und seine rothe Nase, die ihm ein magyarisches Aussehen gaben; stolz war Mardche Schilak auf seine Töchter, die in einem Pester Pensionat waren und mit einem clavier nach Hause kamen, das man in der Gasse noch nie gesehen hatte; stolz war Scheie Kallop auf sein Renommé als bester Franzefuß-Spieler in der ganzen Gegend; einen stolzeren Menschen jedoch gab es weit und breit nicht, als Schie Leb. […]
AUTOR*IN UNBEKANNT: DIE JUDENFRAGE IM OSTEN
Unter dem Waffengetöse schwiegen nicht nur die Musen, sondern auch die diversen Judenfragen, soweit für solche noch ein Boden in Europa vorhanden ist. Von der Zivilisation und der siegenden Idee eines Rechtsstaates verdrängt, fand die Judenfrage nur noch im Osten dieses Welttheils eine Heimat, von ganzer oder halber Barbarei begünstiget. Ihr Verbreitungsbezirk war geograhisch genau begrenzt, er reichte nicht weiter als die Machtgebiete Rußland’s, der Türkei und der Donaufürstenthümer, d. h. genau soweit, als der Schauplatz jenes Kriegsdrama’s, dem jetzt sein Epilog in einer Conferenz der Signatarmächte bereitet werden soll. Und doch schwieg die Judenfrage, sie, die am peinlichsten von dem blutigen Waffenspiele tangirt war. […]
AUTOR*IN UNBEKANNT: FRAUEN IN DEN GROSSSTÄDTEN
Die alten Mönche hatten gut reden, wenn sie den Satz aufstellten: mulier taceat in ecclesia (das Weib hat in der Kirche zu schweigen); wußten sie ja, daß die Kirche im Weibe nicht schweigen werde. Das Element der Kirchlichkeit, des positivreligiösen Lebens wird einzig und allein vom Weibe getragen und erhalten. Der Mann mag spitzfindige Dogmen ersinnen, theologische Syste- me erbauen, in metaphysischen Haarspaltereien sich versuchen, der Mann ist Bilderstürmer, zu- weilen Kirchenrebell, Altarstürzer, aber nur in seltenen Fällen Träger der erhaltenden Idee, Reprä- sentant jenes religiösen Seelenlebens, das jeder Kritik unnahbar und Klügeleien gegenüber gefeiet im innersten Gemüthe sitzt. […]
AUTOR*IN UNBEKANNT: STATUT DER HOCHSCHULE FÜR DIE WISSENSCHAFT DES JUDENTHUMS. (JÜDISCH-THEOLOGISCHE FAKULTÄT.)
Abschnitt I.
Name und Zweck.
§. 1. Unter dem Namen „Hochschule für Wissenschaft des Judenthums“ wird zu Berlin eine selbstständige, von den Staats-, Gemeinde- und Synagogen-Behörden unabhängige Lehranstalt begründet. […]
BARBER, IDA: BETENDE FRAUEN (EINE TEMPELSTUDIE.)
Am Versöhnungstage versammelt Gott alle seine Getreuen um sich. In Nord und Süd, in Ost und West wird dieser Tag bei Arm und Reich, von allen Juden gefeiert. Die Frommen fasten und beten von Abend zu Abend, die Reformirten gestatten sich einen kleinen Morgenimbiß und einige Pausen während der 24 stündigen Zeit, in der der Allmächtige zu Gericht sitzt und als liebender Vater Verzeihung und Erhörung gewährt. Schaarenweise wandern sie hin zum Tempel, die Frauen geschmückt mit kostbaren Gewändern, Edelsteinen und Perlen. Früher war es sogar Sitte, in weißen Kleidern im Tempel zu erscheinen und manche brünette Schöne wußte in dem einfachen Wollgewande so viel verführerische Reize zur Geltung zu bringen, daß sie anmuthiger erschien, als in Brocat und schillernder Seide. […]
BAUM, OSKAR: DIE FRAU UND DIE REVOLUTION
Wir geben hier den Vortag des bekannten Prager Dichters wieder, den dieser im Rahmen der politisch informatorischen Vorträge der Prager Ortsgruppe des V. j. F. hielt.
Sind die Frauen die Hälfte der Menschheit? Ich meine: Tragen sie die Hälfte der Leiden und die Hälfte der Leistungen?
Was die Leiden betrifft, dürfte es wohl bei weitem die größere Hälfte sein, aber die Leistungen, die aufwärts reißenden Ergebnisse und Taten stehen in beleidigendem Mißverhältnis fast nur bei den Männern. […]
BAUM, OSKAR: GHETTOLIEDER
„Als sie aber den Chor der Propheten begeisterte Lieder singen und Samuel an ihrer Spitze sahen, kam auch über die Boten Sauls der Geist Gottes und auch sie sangen begeisterte Lieder. Saul begab sich wutentflammt nach Rama, um den Rivalen, seinen Peiniger David, auch an der heiligen Zufluchtsstätte zu fassen, aber die Macht der Musik überwältigte selbst seinen angstgereizten Haß. Er geriet ins Rasen, sang verzückt, riß sich die Kleider vom Leibe und blieb zuletzt eine ganze Nacht erschöpft im freien Felde liegen.“ (Erstes Buch, Samuel, 19, 20–24.) […]
BENJAMIN II, ISRAEL JOSEF: AMERIKANISCHE ZUSTÄNDE
Der Geist Amerikas in gegenwärtiger Zeit.
Vor uns liegt eine kleine Broschüre, ein Vortrag, der von einer Dame über „Amerika und seine Bestimmung“ zu Newyork gehalten wurde, da, wie sie sagte, „die Geister“ ihr diesen Ort hiefür bestimmt hatten. Die Sache fand Glauben, und man strömte von allen Seiten herbei, um den Eingebungen des Geistes, der die Dame beherrsche, zu lauschen. Die Eine Thatsache charakterisirt den Geist Amerikas; es ist zu beklagen, daß solch’ eine grobe Bethörung Bewunderer und Anhänger unter einem Volke finden konnte, welches Morse und Mitchell in seiner Geographie „das am meisten erleuchtete“ titulirt.[…]
BIALIK, CHAIM NACHMAN: OFFENBARUNG UND VERHÜLLUNG IN DER SPRACHE
Die Menschen streuen an jedem Tage, absichtlich und in ihrer Einfalt, eine Fülle von Worten in den Wind mitsamt ihren mannigfachen Verbindungen, und nur wenige von ihnen wissen oder bringen sch zum Bewußtsein, was jene Worte in den Tagen ihrer Macht gewesen sind. Wie viele von den Worten kamen nur nach schweren Geburtswehen, die viele Geschlechter lang währten, zur Welt; wie viele leuchteten jäh wie Blitze auf und erhellten in einem Fluge eine ganze Welt; durch wie viele zogen und wanderten ganze Scharen lebender Seelen; die eine ging, die andere kam, und jede ließ Schatten und Duft hinter sich zurück: wie viele dienten als Gefäße für den feinen und überaus komplizierten Mechanismus tiefer Gedanken und erhabener Gefühle in ihren wunderbarsten Verbindungen und Verknüpfungen. […]
BLUM, KLARA: ARBEITERINNENBEWEGUNG IN PALÄSTINA
Der Kampf der jüdischen Arbeiterin ist ein dreifacher: er richtet sich gleichzeitig gegen die Ausbeutung des Proletariats, gegen die Sonderstellung der jüdischen Massen und gegen die Entwertung der Frau. Er verläuft unter gehäuften Schwierigkeiten und gerade darum unter dem Hochdruck revolutionärer Spannung. Ueber den bisherigen Ablauf dieses Befreiungswerkes berichten zwei Bücher aus dem roten Palästina, beide im Verlag des Arbeiterinnenrates in Tel-Aviv erschienen. […]
COHEN, LIONEL L.: EINE WARNUNG AUS ENGLAND
„Geehrter Herr Redacteur!
Als Präsident der hiesigen jüdischen Armencommission halte ich es für meine Pflicht, vermittelst Ihres weit verbreiteten Organes einen eindringlichen Warnungsruf an unsere Glaubensbrüder in Deutschland, Rußland und Oesterreich ergehen zu lassen, um ihnen von einer Einwanderung nach hier, in der Erwartung, entweder hier einen Lebensunterhalt zu finden, oder von hier aus zur Weiteremigration nach Amerika assistirt zu werden, auf das Allerentschiedenste abzurathen. […]
EUGEN HOEFLICH [REZ.] ZU: PAUL COHEN-PORTHEIM: „ASIEN ALS ERZIEHER“
Cohen gehört zu jenen Idealisten, die an die Möglichkeit einer Synthese Asiens mit Europa glauben. Er versucht in einer Anzahl von Essays die Gegensätze zwischen Orient und Okzident auf verschiedenen Gebieten zu erfassen – gut geschaut sind eigentlich nur die Gegensätze in der Kunst – und aus dem großen Widerspruch östlichen Universalismus zu westlichem Individualismus Möglichkeiten zu finden, die nicht vorhanden sind und die weder aus der bisherigen Geistesgeschichte der beiden Gegenpole noch aus ihrer wahren geistigen Veranlagung zu finden sind. […]
FELIX SALTEN: ABFALL VOM JUDENTUM*
Als die Veranstalter dieses Abends mich fragten, über welches Thema ich sprechen will, sagte ich ohne Besinnen: Ueber den Abfall vom Judentum. Ich dachte, jetzt werde ich endlich sagen können, was ich auf dem Herzen habe, werde mich endlich über diese Dinge aussprechen können, die mir so viel Ekel, Verdruß, Beschämung bereitet haben. Je näher aber der Abend kam, desto deutlicher und ängstlicher kam es mir zu Bewußtsein, daß es sehr schwer ist, über den Abfall vom Judentum zu sprechen; das ist eine so persönliche Angelegenheit und in allen ihren Zusammenhängen so empfindlich, daß man eigentlich nur mit jemand darüber sprechen kann, mit dem man sehr intim ist. […]
FISCHMANN, ADA: DIE ARBEITERIN (EIN REFERAT, GEHALTEN AUF DER LANDWIRTSCHAFTLICHEN KONFERENZ)
Das Referat soll die Frage von allen Seiten umfassen. Von der Tribüne dieser Tagung, die auch die Wiege der Arbeiterinnenbewegung war, müssen diese Worte gehört werden. Ich muß vor allem die Vorwürfe, die im Saale herumschwirren, beseitigen. Man glaubt, daß die Frage eine konventionelle ist und man sie von der Tagesordnung absetzen müsse. Diese Vorwürfe erregen Sorge. Es scheint, daß die Uebereinstimmung, die im Herzen von allen äußeren Anstalten bis zu unseren Anstalten zu schlagen begonnen hat, Zeichen der Erstarrung zu bringen scheinen, und dies ist gefährlich. Es gab eine Zeit, da wir forderten und an Reformen und Aenderungen der Weltordnung glaubten.[…]
FRANKL, LUDWIG: DER ALTE UND DER NEUE FRIEDHOF DER JUDEN
Bald werden einsam ruhen hier die Todten,
Noch nahen Wehmuth, Schmerz den Friedhofsteinen,
Doch immer selt`ner werden sie erscheinen,
Allmälig lös`t der Tod die Liebesknoten.
Es kommen neue, künftige Geschlechter,
Kaum können Spruch und Namen sie noch lesen,
Wer sind die längst Vermoderten gewesen? […]
GOLDMANN, KARL: NATHAN UND SHYLOK. LITERARISCHE SKIZZE
I.
Wohl in der ganzen Literaturgeschichte dürfte es nicht zwei Repräsentanten eines und desselben Stammtypus geben, welche in so diametraler Richtung einander gegenüberstehen, wie Na- than und Shylok. Wird der Jude schon im gewöhnlichen Leben als Hauptvertreter der materialisti- schen, nur auf das rein Praktische gerichteten Lebensweise anerkannt, um wie viel ungerechtfer- tigter, – so die Ansicht sehr Vieler, – demselben in der Poesie einen Platz geben zu wollen.[…]
HEINE, HEINRICH: DER RABBI VON BACHARACH (1840)
Dem letzten (50.) Heft der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen „Schaubühne“, die in der letzten Zeit immer weiter gewachsen, immer reicher an gehaltvollen Beiträgen geworden ist und die, längst ihrem ursprünglich gesteckten Rahmen entwachsen, heute in lebendiger Frische wie kaum eine andere Wochenschrift ähnlicher Art alle Probleme der Zeit behandelt, entnehmen wir den Beginn der folgenden Arbeit, die man schon jetzt, da wir die Fortsetzung nicht kennen, als einen der wertvollsten Beiträge zur ostjüdischen Frage bezeichnen kann. Einzelne Gedanken des Aufsatzes werden vielleicht einmal von grundlegender Bedeutung werden. Wie richtig ist z. B. die Bemerkung, daß der Ostjude „zu fühlen bekommt, was uns zugedacht ist, und auch unsere Sünden büßt. […]
HERZ, MARKUS: FRAGMENT AUS EINER ABENDUNTERHALTUNG IN DER FESSLERSCHEN MITTWOCHSGESELLSCHAFT: 1. DER ÜBERLISTIGTE TOD, EIN JÜDISCHES MÄHRCHEN
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
HERZ, MARKUS: FREYMÜTHIGES KAFFEGESPRÄCH ZWOER JÜDISCHEN ZUSCHAUERINNEN ÜBER DEN JUDEN PINKUS, ODER ÜBER DEN GESCHMACK EINES GEWISSEN PARTERRS
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
HIRSCH, LEO: DER JUDE IN DER DEUTSCHEN LANDSCHAFT II. DER POSENER JUDE
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
HOEFLICH, EUGEN: BOLSCHEWISMUS, JUDENTUM UND DIE ZUKUNFT (ENTWURF ZU EINEM ESSAY.)
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
HOEFLICH, EUGEN: HEFKER
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
HOFMANN, MARTHA: ARTHUR SCHNITZLER UND THEODOR HERZL
Dem letzten (50.) Heft der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen „Schaubühne“, die in der letzten Zeit immer weiter gewachsen, immer reicher an gehaltvollen Beiträgen geworden ist und die, längst ihrem ursprünglich gesteckten Rahmen entwachsen, heute in lebendiger Frische wie kaum eine andere Wochenschrift ähnlicher Art alle Probleme der Zeit behandelt, entnehmen wir den Beginn der folgenden Arbeit, die man schon jetzt, da wir die Fortsetzung nicht kennen, als einen der wertvollsten Beiträge zur ostjüdischen Frage bezeichnen kann. Einzelne Gedanken des Aufsatzes werden vielleicht einmal von grundlegender Bedeutung werden. Wie richtig ist z. B. die Bemerkung, daß der Ostjude „zu fühlen bekommt, was uns zugedacht ist, und auch unsere Sünden büßt. […]
HOFMANN, MARTHA: AUSSEN UND INNEN
Dem letzten (50.) Heft der von Siegfried Jacobsohn herausgegebenen „Schaubühne“, die in der letzten Zeit immer weiter gewachsen, immer reicher an gehaltvollen Beiträgen geworden ist und die, längst ihrem ursprünglich gesteckten Rahmen entwachsen, heute in lebendiger Frische wie kaum eine andere Wochenschrift ähnlicher Art alle Probleme der Zeit behandelt, entnehmen wir den Beginn der folgenden Arbeit, die man schon jetzt, da wir die Fortsetzung nicht kennen, als einen der wertvollsten Beiträge zur ostjüdischen Frage bezeichnen kann. Einzelne Gedanken des Aufsatzes werden vielleicht einmal von grundlegender Bedeutung werden. Wie richtig ist z. B. die Bemerkung, daß der Ostjude „zu fühlen bekommt, was uns zugedacht ist, und auch unsere Sünden büßt. […]
IMMERWAHR, W.: ZUR GESCHICHTE DER JUDEN IN OBERSCHLESIEN
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
JELLINEK, ADOLF: DANTE ALS VERTHEIDIGER DES TALMUD
Als hätte der Talmud es geahnt, daß eine Zeit kommen würde, in welcher Eisenmenger und seine Abschreiber ihn verspotten und lächerlich machen würden, schrieb er, daß man die Hagada oder den allegorischen und poetischen Theil desselben nicht plumpen Geistern mittheilen soll, da sie mit ihren rauhen Fäusten den zarten Blüthenstaub, der die edlen Pflanzen der Hagada bedeckt, wegwischen und diese verunstalten würden. Ja, die Hagada gleicht einem lieblichen, duftenden Blumenbeete, in welches man nicht mit täppischer Hand hieneingreifen darf, um sich mit den farbenreichen Blüthen und Blättern zu freuen. […]
JÓKAI, MORITZ: WIE ICH PHILOSEMIT GEWORDEN BIN. ERINNERUNG AN ALTE ZEITEN
Soll ich’s leugnen? Auch ich war als Kind Antisemit; so wie es jeder unentwickelte Mensch ist. Die Mägde hatten mir den Kopf vollgemacht damit, daß die Juden an ihrem Osterfest das Blut christlicher Kinder benützen und zwischen unserem Hause und der Schule lag die Baranyay’sche Kurie, in der Juden wohnen durften. Auch der Schächte hauste dort. Jeden Tag sah ich, wie die Gänse mit den durchschnittenen Hälsen zum Thore hinaus gehängt wurden und meine Phantasie ergänzte das Uebrige. […]
KAPRALIK, A.: DIE PATRIARCHEN DES OSTENS
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
KATZ, F.: MEINE ERSTE DAMENBEKANNTSCHAFT
Es war an einem der letzten Novemberabende des Jahres 1869 Frühzeitig war der Winter ins Land gezogen und hatte Feld und Au in eine dichte Schneedecke gehüllt und krächzende Raben schwebten in der bleischweren Luft und schmetterten weithin in die Ferne ihre unheimlichen Töne hinaus. – Hie und da ragte da kahle, dürre Geäste einer Linde und eines Ahorns über den Schnee hervor, von den Meilensteinen hingegen, die die Straße umsäumen, war nichts zu sehen. […]
KOMPERT, LEOPOLD: AUF, NACH AMERIKA
Uns ist keine Hilfe gekommen! Die Sonne der Freiheit ist für das Vaterland aufgegangen, für uns nur als blutiges Nordlicht; die Lerchen der Erlösung schmettern in freier Luft; für uns sind es nur kreischende Möven des Sturmes. Schamröthe und bebender Zorn überwältigen uns, denken wir an das Fürchterliche, an das Haarsträubende, was uns die letzten Wochen angethan![…]
KOMPERT, LEOPOLD: DIE „SCHNORRER“. AUS DEM BÖHMISCH-JÜDISCHEN LEBEN
Umsonst versuchten wir es hier, die etimologische Abstammung des Wortes Schnorrer zu beweisen; es hat keine, oder es hat deren zu viele, wie der Jargon, dem es angehört, das vielfarbige Kind von tausend Eltern ist, ein Augiasstall aller Sprachen des Morgen- und Abendlandes, eine chirurgische Stube voll zerbrochener und verrenkter Gliedmaßen, worunter nur zuweilen eine gesunde Nase oder ein ganzes Schlüsselbein bunt abenteuerlich dazwischen läuft. Dieser Jargon, wir wollen es nicht verhehlen, es ist derselbe, den man nicht nur in den Ghettos, sondern überall in den deutschen Landen, wo man ihm nicht durch verbriefte Privilegien die Thüre vor der Nase zuschlägt, auf Straßen und Gassen zu hören bekommt.[…]