Handbücher

Darstellungen zur deutschsprachig-jüdischen Literatur seit der Aufklärung

HB 3: Sprachkulturen

Das Paradigma deutscher Sprachkulturen von Juden ist in herausragendem Maße geeignet, Kohärenz wie Vielfalt jüdischer Kultur nachzuweisen. Traditionen wie der singuläre Stellenwert der Schrift, die gelebte Praxis der Mehrsprachigkeit und die historisch bedingte enge Verknüpfung zwischen Schrift und Exil, aber auch Erfahrungen wie der Sprachwechsel in das Standarddeutsche und die Ethnifizierung von Sprachen im Zeitalter der Nationalismen haben den Grund gelegt für die Entfaltung von Sprachkulturen, die sich signifikant von denen der nichtjüdischen Mehrheitsgesellschaften unterschieden.  Eingeleitet durch einen Abriss der sprachpolitischen Vorgaben in der Habsburger-Monarchie, Preußen und den deutschen Ländern sowie der Schweiz seit den Josephinischen Toleranzpatenten und den Dohm’schen Reformvorschlägen, demonstriert der Band an Beispielen aus dem Bereich der Institutionen, des Sprachdenkens von Mendelssohn bis George Steiner, der Konkurrenzgeschichte des Deutschen als jüdischer Sprache im Gegenüber zum Jiddischen und zum Hebräischen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart und der vielfältigen Funktionen jüdischer Mehrsprachigkeit in literarischen Texten zweierlei: Er profiliert zum einen deutsche Sprachkulturen von Juden im spezifischen Unterschied zu ihrer Umgebung und umreißt zugleich ihre weitreichende Virulenz sowie ihre enorme, bis heute fortwirkende  Produktivität.

  • Stephan Braese

  • Christine Waldschmidt