Handbücher

Darstellungen zur deutschsprachig-jüdischen Literatur seit der Aufklärung

HB 5: Wissen und Lernen

Am Ausgang des 18. Jahrhunderts wurden zum einen die religiösen Ordnungen, auf die sich das gemeinschaftsbildende jüdische Wissen bezog, vor dem Hintergrund von Aufklärung und Haskala tiefgreifenden Transformationsprozessen unterworfen. Nachfolgend übernahm die entstehende deutschsprachig-jüdische Literatur auch Formen und Funktionen jüdischer Lehre, die sich sowohl an die Gemeinschaft als auch an Nichtjuden richtete. Zum anderen initiierte die aufklärerische Bewegung eine Zirkulation und Neuordnung von Wissen, in der nicht zuletzt mittels literarischer Formen neue Wissensbestände und Methoden erschlossen wurden. Dieses literarische Wissen trug zu einer räumlichen und intellektuellen Mobilisierung bei, wodurch Juden auch zu wichtigen Akteuren der Wissenschaft avancierten und in der im frühen 19. Jahrhundert begründeten ›Wissenschaft des Judentums‹ das Jüdische ebenfalls eine Verwissenschaftlichung erfuhr. Die grundsätzliche Spannung zwischen der Praxis des traditionellen jüdischen Lernens und der am modernen Wissenschaftsideal ausgerichteten Pluralisierung von Wissensformen durchzieht als vielfach vermitteltes Verhältnis von Praktiken und Semantiken das Feld deutschsprachig-jüdischer Literatur bis zur Gegenwart.

Das Handbuch widmet sich daher Konzepten jüdischer Philologie zwischen Universität, Öffentlichkeit und Exil, der Entwicklung neuer wissenschaftlicher Disziplinen, dem Aggadischen Schreiben oder literarischen Genres in wissenschaftlichen Texten. Ebenso nimmt es Popularisierungen und Politisierungen „jüdischen“ Wissens in den Blick, die sich u.a. im Zeichen von Nationalismus und Ressentiment ausbilden, in denen Gegenstrategien zum Ausdruck gelangen, aber auch Neuinszenierungen esoterischer, kabbalistischer Wissens- und Wahrheitskonzepte zu beobachten sind.

Projektmitglieder

  • Hans-Joachim Hahn

  • Christine Waldschmidt