Scherlag, Marek (Chaim)
Geb. 3.7. 1878 in Chorostkow, Galizien, Österreich-Ungarn (heute: Ukraine), gest. 1962 in Haifa/Israel. Schriftsteller, Kritiker, Übersetzer.
Scherlag, der aus dem ostgalizischen Stehtl Chorostkow (heute Chorostkiw, Westukraine) stammte, studierte ab 1897 in Wien Jurisprudenz u. übte nach seiner Promotion 1902 den Beruf eines Rechtsanwalts in versch. Kanzleien aus. Bereits als Student veröffentlichte er 1899 einen Gedichtband; daneben betätigte er sich als Übersetzer, insbes. aus der mod. polnischen Literatur u. veröffentl. in versch. Zeitungen und Anthologien Feuilletons, eigene u. übersetze Lyrik, so z.B. in der Polnischen Post (Wien), im Czernowitzer Tagblatt oder in der Jüdischen Volksstimme (ab 1907). In letzterer wurde er der Gruppe ›Jungjüdische Dichtung‹ zugerechnet, was auf Leseabende, die Martin Buber in Wien mitveranstaltete, zurückging. 1906 verheiratet er sich mit Golda Malka Sterbach; deren einziger Sohn verstarb 1920. Ab 1908 arbeitete er in der k.k. priv. Hypothekenbank (Wien) mit eigener Prokura. Er stieg dort nach Ende des Ersten Weltkrieges zum Generalsekretär auf und wurde in die Direktion kooptiert.
Schon seit der Gymnasialzeit war Scherlag von Theodor Herzl, den er auch persönlich traf, nachhaltig geprägt, was in zahlreichen, auch späteren Zeugnissen dokumentiert ist. Zu seinem Wiener Bekanntenkreis zählten u.a. Adolph Donath (1876-1937), der als Kunst- u. Literaturkritiker (zunächst in Wien, ab 1906 in Berlin) auch an der zionist. Zs. Die Welt mitarbeitete, Arthur Freud (1882-1976, der ab 1920 in Wien die zionist. Wiener Morgenzeitung herausgab), Samuel Meisels (1877-1942, Übersetzer, Schriftsteller, Redakteur u. Verleger), David Rothblum (1876-1947, Schriftsteller, Mitbegr. der nationaljüd. Studentenverbindung Bar-Kochba), aber auch Stefan Zweig und der sozialdemokratische Schriftsteller Alfons Petzold. 1914 kam es zu einem briefl. Kontakt und Austausch mit Max Nordau im Zuge der Besprechung dessen Dramas Dr. Kohn, den Scherlag 1926 teilweise öffentlich machte. Sein zweiter Gedichtband In der Fremde (1919) trug ihm einige Resonanz u. Anerkennung ein, u.a. durch St. Zweig. Gemeinsam mit seinem Bruder Lorenz, der auch literarisch tätig war, gab er 1923 eine Anthologie Moderne polnische Lyrik heraus. Scherlag übersetzte aber auch aus dem Jiddischen, u.a. Texte von Chaim Nachman Bialik, Shimen Frug, J. L. Perez u. von dem von ihm hochgeschätzten Morris Rosenfeld. Bis 1939, als es ihm gelang, nach Palästina zu flüchten, wo er in Haifa wohnhaft wurde, veröffentlichte er zahlreiche Beiträge (Feuilletons, Kritiken, Essays, eigene kurze Erzählungen und Gedichte) in bekannten wie in kleineren jüdischen Zeitschriften wie z.B. in der Jüdischen Rundschau, Die Stimme, Zionistische Rundschau, ferner im Jüdischen Nationalkalender, aber auch in der Tagespresse wie z.B. in der Neuen Freien Presse, im Neuen Wiener Journal oder in der Wiener Morgenzeitung.
Weitere Werke: Heimaterde. Gedichte (1922), Gem. mit A. Petzold: Vieler Sterne Geist. Moderne jiddische Lyrik. Eine Auswahl (Typoskr. 1916 mit Vorwort von S. Meisels). Hgg. von Evelyn Adunka, Judith Aistleitner u. Alexander Emanuely. Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2017.
Nachlass: Central Zionist Archive Jerusalem.
Forschungsliteratur:
Mark H. Gelber: The ‚jungjüdische Bewegung‘: An Unexplored Chapter in German-Jewish Literary and Cultural History. In: Yearbook of the Leo Baeck Institute 1986, 105-119; E. Adunka: Marek Scherlag. In: Diess. (Hg.): Vieler Sterne Geist, 115-120.
Quellen und Dokumente:
M. Scherlag: Der neueste Spinozaroman. In: Die Welt, Nr. 12, 19.3.1909, S. 263-64;
(work in progress)