Sebald, W.[infried] G.[eorg], Max

Geb. 18.5. 1944 in Wertach (Deutsches Reich/ D), gest. 14. 12. 2001 in Norfolk (GB). Kritiker, Literaturwissenschaftler, Schriftsteller.

Nach dem Besuch eines Realgymnasiums und einer Oberrealschule (beide im schwäbischen Landkreis Oberallgäu) legte der Sohn eines Offiziers (zunächst der Wehrmacht, danach der Bundeswehr) 1963 das Abitur ab und begann im selben Jahr das Studium der Germanistik an der Albert Ludwigs Univ. Freiburg, von der er 1965 nach Fribourg (CH) wechselte, um dort 1966 seinen ersten Studienabschluss zu erlangen. Bereits 1966 übersiedelte er nach Großbritannien, wo er sich verehelichte und 1967 einen Magisterabschluss (über Carl Sternheim) erwarb. Ab 1968 arbeitete er als Lektor an der Univ. Manchester, ab 1970 an der Univ. of East Anglia in Norwich, wo er 1973 mit einer Arbeit über A. Döblin promovierte. 1986 habilitierte er sich an der Univ. Hamburg mit der Schrift Die Beschreibung des Unglücks. Zur österreichischen Literatur von Stifter bis Handke, die zuvor, 1985 als Essay bd., im Residenzverlag (Salzburg) erschienen war. Diesem Band folgte 1991 Unheimliche Heimat. Essays zur österreichischen Literatur. (ebf. Residenzverlag). 1987 erlangte Sebald eine Professur in Norwich.

Seit 1988 erschienen neben seinen literaturwiss. Texten auch literarische Werke, beginnend mit Nach der Natur (1988) und Schwindel. Gefühle (1990). 1992 folgten vier Erzählungen unter dem Titel Die Ausgewanderten (Hörspielfassung: Ferbers Mutter, 1995), die Sebalds Zuwendung zu jüdischen Themen und zu Aspekten verschütteter Erinnerungskultur einleiteten, seinen Status als Autor bekräftigten und mehrfach ausgezeichnet wurden (u.a. mit dem Berliner Literaturpreis u. dem H. Böll-Preis). Der Erinnerungskultur und ihrer z.T. problematischen Volten in der BRD war auch die Arbeit Luftkrieg und Literatur (1999) gewidmet, die auf breite Resonanz stieß und nicht ohne Kontroversen blieb. Als literarisches Hauptwerk gilt jedoch unbestritten sein Roman Austerlitz (2001).

Weitere Werke (meist posthum erschienen): Die Ringe des Saturn. Eine englische Wallfahrt (1995, Verfilmung); For Years Now (2001, enthält 23 kurze englischsprachige Gedichte); Campo Santo (2003, enthält Essays, Prosafragmente und Reden); Über das Land und das Wasser (2008, Gedichte 1964-2001).

Materialien und Quellen:

Susan Sontag: A Mind in Mourning. In: Times Literary Suplement, 25. Feb. 2000; Franz Loquai: Abschied von Max. Zur Erinnerung an W.G. Sebald. In: literaturkritik.de (Nr. 1/2002).

Eintrag auf Literaturportal Bayern; Christian Wirth: W.G. Sebald; Autorenporträt im WDR, Zeitzeichen (2016); R. Steininger: W. G. Sebald: Enzyclopädie der Melancholie (in: Glanz & Elend. Magazin für Literatur und Zeitkritik). Eintrag Sebald-Gesellschaft/Sebald Literaturpreis. Paul Jandl: War Sebald ein diebischer Schriftsteller. In: NZZ, 12.1. 2022;

Forschungsliteratur (Auswahl)

Rüdiger Görner: W. G. Sebald – Gespräch mit Lebenden und Toten. Bogen 48, München/Wien: Hanser 2001; Anne Fuchs: „Die Schmerzensspuren der Geschichte.“ Zur Poetik der Erinnerung in W. G. Sebalds Prosa. Köln-Wien: Böhlau 2004; Volker Hage: Zeugen der Zerstörung. Frankfurt a. M.: Fischer 2008; Uwe Schütte: W. G. Sebald. Einführung in Leben und Werk. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2011; Paul Whitehead: Im Abseits. W.G. Sebalds Ästhetik des Marginalen. Bielefeld: Aisthesis 2019, U. Schütte.: W. G. Sebald. Leben und literarisches Werk. Berlin: De Gruyter 2020; Carole Angier: Speak, Silence. In Search of W. G. Sebald. New York / London u. a.: Bloomsbury 2021 (dt.sprach. Ausgabe unter dem Titel: W. G. Sebald. Nach der Stille. Biografie. München: Hanser 2022.

(PHK)