Synagoge – literarische Textzeugnisse

In Texten der deutschsprachigen Literatur seit der Aufklärung wird die Synagoge bzw. der synagogale Raum erstmals im Kontext der Berliner jüdischen Salonkultur um 1800 sowie der literarischen Romantik und der Vormärz-Bewegung mehrfach thematisiert. Beispiele dafür sind etwa die Novelle Das Geheimnis von E.T.A. Hoffmann (1822) oder, einschlägiger, der Roman Spinoza von Berthold Auerbach (1837), einem der maßgeblichen Protagonisten der deutschsprachig-jüdischen Literatur im 19. Jahrhundert. Ihm folgten die verschiedenen Autoren (und ab Ende des 19. Jhdts. auch: Autorinnen) des Genres der Ghettoerzählung, allen voran Leopold Kompert und Eduard Kulke, aber auch Max Grünfeld, Michael Klapp, Karl Emil Franzos oder Salomon Hermann Mosenthal (Ernst, 149-161) sowie Aron D. Bernstein mit seiner vielfach aufgelegten Novelle Vögele der Maggid (ED 1858). In den ab den 1840er Jahren an Verbreitung gewinnenden Zeitschriften und Jahrbüchern der deutschsprachig-jüdischen (aber auch der jiddischen) Kultur nahmen bekanntlich literarische Texte quer durch alle Gattungen/Genres, insbesondere der Lyrik wie kürzerer Prosaformen, an Gewicht und Präsenz zu. Nicht wenige unter ihnen situierten Handlungen im Kontext von Thematisierungen des jüdischen Festkalenders in Synagogen oder widmeten sich primär diesem zentralen Ort jüdischer Religion und jüdischen Selbstverständnisses. Auch die Golem-Thematik, insbesondere in der Prager Ausprägung, ist wesentlich an die Dimension der Synagoge, der sog. Altneuschul, geknüpft und weist neben dem Roman Der Golem von G. Meyrink eine Reihe von weiteren Texten (aber auch filmischen Dokumenten) im 20. Jhdt. auf. Auch im spätexpressionistischen Roman Die jüdische Orgel (1922) von L. Winder kommt der Dimension der Synagoge, allerdings in Überblendung mit jener der kindheitlichen Schul einerseits, dem Rabbinerseminar in Budapest andererseits sowie einer Flucht aus der vorbestimmten Rabbinerlaufbahn nach dem Tod des „frommen“ Vaters, eine leitmotivische, zugleich aber auch desillusionierende Rolle zu, welche die Identität des Protagonisten nachhaltig erschüttert und desintegriert.

Materialien und Quellen:

Themenfeld Synagoge in den Zeitschriften Deborah, Jüdische Volkstimme, Menorah:

Literaturhinweise

Kotowski, Elke Vera: Das Kulturerbe deutschsprachiger Juden. Berlin-München-Boston 2015, De Gruyter; Diess.: Synagoge. In: Handbuch Jüdische Kulturgeschichte (Salzburg) (online); Ernst, Petra: Stetl, Stadt, Stadt. Raum und Identität in deutschsprachig-jüdischer Erzählliteratur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Wien-Köln-Weimar 2017, Böhlau (bes. S. 148-160);

(PHK / in preparation/in Vorbereitung)