Geboren 14. 4. 1876 in Mszczonów, Russland; gestorben 21.11.1927 in Otwock, Polen. Jiddisch-polnischer Schriftsteller, Publizist, Redakteur, Übersetzer.
Nomberg wuchs bei seinem Großvater mütterlicherseits auf, der nicht nur Geschäftsmann sondern auch ein Chasside war. Bereits 1894 heiratete er, musste sich aber, von religiösen Zweifeln befallen, als Häretiker von Frau und Kind trennen. Er übersiedelte 1897 nach Warschau, wo er auf I. L. Perez traf, dem er seine ersten hebräischen Gedichte vorlegte. Perez ermunterte ihn veranlasste, fortan auf Jiddisch zu schreiben. Neben seiner Tätigkeit als Hebräischlehrer wurde er bald für junge jüdische Intellektuelle eine Anlaufstelle in der polnischen Metropole, so z.B. für Sch. Asch und für Abraham Reisen (Avrom Reyzen), den er später ins Russische übersetzte.
Seinen ersten Erfolg hatte Nomberg 1905 mit der Erzählung Fliglman. Zwischen 1905 und 1907 hielt Nomberg sich u.a. in Deutschland, Frankreich und der Schweiz auf, im Jahr darauf in Riga und Wilna, wo er journalistisch arbeiten konnte. Von Warschau aus nahm er 1908 an der Sprachen-Konferenz in Czernowitz teil, bei der ihm der Kompromiss in der umstrittenen Frage nach der richtigen Sprache gelang, und zwar dergestalt, dass das Jiddische „eine“, aber nicht „die“ Sprache der Juden sei. 1911 unternahm er eine Reise in die USA. Nach Perez‘ Tod 1915 stieg Nomberg zur literarischen Hauptfigur der jiddischen Literaturszene in Warschau auf. Während der deutschen Okkupation Polens im Ersten Weltkrieg war er ein Förderer der ersten weltlichen jiddischen Schulen in Polen sowie Mitorganisator der „Jiddischen Volkspartei Polens“, für die er 1919–1920 als Abgeordneter in den Sejm gewählt wurde. 1925 bis 1927 war Nomberg Vorsitzender des jüdischen Schriftsteller- und Journalistenverbandes in Warschau. Weitere Reisenführten ihn 1926 nach Argentinien und Palästina (obwohl er kein Zionist war), sowie in die Sowjetunion.
Nomberg übersetzte auch W. Shakespeare und G. Hauptmann ins Jiddische, er selbst verfasste nur ein Drama, Di mishpokhe (1913). Er suchte nach einer jüdisch-jiddischen Identität („Yidishizm“), die sich von der Enge des Stetls ebenso abheben sollte wie sie sich gegen die Vorurteile des westeuropäischen Judentums zu behaupten trachtete. In vielen seiner Novellen, die vornehmlich in Jiddisch, aber auch in Hebräisch erschienen, zeichnete er den Typus eines im Kampf um neue Werte befindlichen und letztlich zermürbten Intellektuellen, in manchen aber auch kampfbetonten Figuren wie z.B. die politisch engagierte Studentin Ljuba Fiedler in der Erzählung Die Studentin, die u.a. auch auf Deutsch in der Wiener Morgenzeitung in 12 Fortsetzungen ab 31.12.1919 erschien.
Weitere Werke:
Dos shpil in libe (The play at love; novella, 1907; Gezamelṭe ṿerḳ. Berlin: Klaal farlag 1922; Flügelmann. Novellen aus dem Jüdischen. Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von A. Suhl. Leipzig 1924.
Literatur und Quellen:
M. Ravitch: Nomberg, Hersh David. In: Encyclopaedia Judaica, Bd. 12, Jerusalem 1973, Sp. 1209–1210 (englisch); Angelika Glau: Jüdisches Selbstverständnis im Wandel : jiddische Literatur zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Wiesbaden 1999.
Eintrag bei: Jewish Virtual Library
Eintrag (Kalman Weiser, englisch) bei YIVO: hier.
H.D. Nomberg: Man weckt. (F) In: AZ, 3.1.1907, S. 1; H.D. Nomberg: Gruß aus Sibirien. Übers. Von Th. Schlesinger. In: Arbeiterinnen-Zeitung 3.3.1914, S. 3; H.D. Nomberg: Die Studentin (Fs-Erz.), Wiener Morgenzeitung 31.12.1919-14.1.1920; hier: 31.12.1919, S. 6; I. Schreyer: Die jiddische Prosa. Der Tag, 14.5.1923, S. 3.
(PHK)